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Pietro Frua (1965) |
Pietro Frua war einer der großen freischaffenden Karosseriedesigner der „Scuola Italiana“, die Anfang der 50er-Jahre die nach ihr benannte „Italienische Linie“ (Davis 1954) schuf. Das britische Wochenblatt Picture Post (Robertson 1956) zählte ihn zu den “Fashion Kings of the Car World”. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ (1963) nannte ihn in einem Atemzug mit den bedeutendsten Carrozzieri Anfang der 60-er Jahre: Nuccio Bertone, die Carrozzeria Ghia, Giovanni Michelotti, Giovanni Battista Pininfarina, Alfredo Vignale und Ugo Zagato. Rino Sanders (1968) schrieb in der Wochenzeitung „Die Zeit“:
„In kaum glaublichem Maß bestimmt Turin, was in der internationalen Kraftfahrwelt modern sei. Pininfarina, Bertone, Ghia, Frua, Vignale – das sind Namen, bekannt wie Dior, Cardin, Chanel, Courrèges.“
Auch Sauveur Pandis (1960) zählt Pietro Frua in der deutschen Mode- und Reise-Illustrierten „Praline“ mit Sarafino Allemano, Nuccio Bertone, Pinin Farina, Enrico Nardi und Alfredo Vignale und Fruas Schüler Giovanni Michelotti zum "Siebengestirn der großen Karosserieschöpfer“ in Turin.
Pietro Frua wurde am 2. Mai 1913 geboren. Seine berufliche Karriere begann nach seiner Ausbildung zum technischen Zeichner in der Fiat-Berufsschule im Alter von 17 Jahren als Hilfszeichner bei Stabilimenti Farina, den damals führenden Turiner Karosseriewerken. Bereits im Alter von 22 Jahren wurde er 1935 zum Chef des technischen Büros der Karosserieabteilung befördert. 1941 machte er sich schließlich selbstständig. (mehr über Frua´s Vita ...)
Frua entwarf und baute mehr als 230 Karosserieschöpfungen als Einzelanfertigungen, Prototypen, Klein- und Großserienfahrzeuge auf der Mechanik nahezu aller Automobilhersteller Europas. Dazu gehörten A.C., Alfa Romeo, Audi, BMW, Borgward (inkl. Goliath, Lloyd), Chevrolet, Cisitalia, Citroën, D.B./Panhard, Dodge, Ermini, Fiat, Ford, Glas, Jaguar, Lamborghini, Lancia, Ligier, Lotus, Maserati, Mercedes-Benz, M.G., Monteverdi, Nardi, Opel, OSCA, Peugeot, Pontiac, Porsche, Renault, Rolls-Royce, Studebaker, Volkswagen und Volvo.
Seine Projekte entstanden als Ausdruck seines persönlichen guten Geschmacks und seiner Erfahrung. Frua hat in vier Jahrzehnten (1935–1979) sein Design dem Zeitgeschmack, der technischen Entwicklung und den Wünschen seiner Kunden angepasst. Einflüsse von Kollegen auf Frua und vice versa sind nachweisbar, und er hat oft Design-Elemente und eigene Entwürfe wiederverwendet. Die ihm von anderen Autoren (Rosani 1968, Martinengo 1983, Terasa 1984b) zugeschriebene „Frua-Linie“ gibt es jedoch, außer bei zeitlich enger Betrachtung, nicht (mehr über zeitgenössische Einflüsse auf das Karosseriedesign von Pietro Frua ...).
Ein vollständiges Werkverzeichnis der Fahrzeuge Pietro Fruas findet sich an anderer Stelle auf dieser Website.
Mit dem Tod Pietro Fruas wenige Wochen nach seinem 70. Geburtstag am 28. Juni 1983 hat die Welt einen der vielleicht „letzten Romantiker unter den italienischen Karossiers“ (Stoop 1987e) verloren, der seine Wagen in seinem kleinen Studio noch selbst am Reißbrett mit dem Zeichenstift entwarf und anschließend als bis ins letzte Detail fahrfertige Prototypen auf die Räder stellte. Seine Beiträge zum Automobildesign waren bedeutend, aber er bekam dafür nie die öffentliche Anerkennung, die er verdient hätte. Seine stille und bescheidene Art mag dazu beigetragen haben. Die „Creazioni Pietro Frua“ bezeugen das Lebenswerk eines Designers, dessen außergewöhnliche Automobile in lebendiger Erinnerung bleiben sollen.
Die (in Bezug auf die gebauten Stückzahlen) erfolgreichsten Frua-Kreationen markieren 1958–1967 den Höhepunkt von Pietro Fruas Karriere:
Jahr |
Fahrzeug |
Abb. |
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Produktion der Serienkarosserien |
Stückzahl ▼ |
1958–1968 |
Fahrwerk: Régie Renault, Billancourt (F) |
117.113 |
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1963–1974 |
Glas
1700 Limousine |
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Glas, Dingolfing (D) |
13.789 |
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1961–1964 |
? Ford
Consul Capri |
Blechteile: Pressed Steel Company, Cowley (GB) Karosseriezusammenbau und Endmontage: Ford, Dagenham (GB) |
18.716 |
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1963–1968 |
Glas 1300/1700 GT Coupé + Cabriolet BMW 1600 GT Coupé + Cabriolet |
Blechteile:
L.I.T.L.A., Moncalieri/TO (I) |
5.010 + 368 1.256 + 1 Summe: 6.635 |
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1963–1970 |
Chassis: Carrozzeria Forghieri, Maranello (I) |
828 + 120 |
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1963–1969 |
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Blechteile:
O.TO.CAR, Grugliasco/TO (I) |
759 |
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1965–1968 |
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Blechteile:
L.I.T.L.A., Moncalieri/TO (I) |
300 Summe: 718 |
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1976–1983 |
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Maggiora, Moncalieri/TO(I) |
200 |
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1970–1975 |
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83? |
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1965–1973 |
Karosserie:
Maggiora, Moncalieri/TO (I) |
29 + 50 Summe: 79 |
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1952–1953 |
D.B. Panhard Coupé I |
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DB, Champigny (F) |
53? |
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1958–1959 |
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Karosseriebleche: Ghia
S.A., Aigle (CH) |
49 |
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1950–1952 1953–1957 1956–1957 |
Maserati A6G 2000 Spider + Coupé (1. Serie) Maserati A6GCS/53 Spider + Maserati A6G/54 Spider + Coupé |
Carrozzeria Pietro Frua, Turin (I) |
1. Serie: 5 + 1 2. Serie: 3 + 4 3. Serie: 10 + 2 Summe: 25 |
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1952–1954 |
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Carrozzeria Pietro Frua, Turin (I)? |
7–17? |
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1967–1971 |
(Comm. 348) |
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Studio Tecnico Pietro Frua, Moncalieri/TO (I) |
10 |
Das 1957 von Pele Petterson im Studio Pietro Frua entworfene Volvo P 1800 Coupé wurde (inkl. P 1800 ES) insgesamt 47.485 mal gebaut.
Pietro Frua beantwortete dem französischen Journalisten Josée Tauvel (1965) dessen Frage nach seinen meistgebauten Fahrzeugen:
„Si l´on demande à Pietro Frua combien
circulent de voitures dont il a tracé les
formes, il avoue ne jamais y avoir pensé .
«Peut-être 100.000 Florides. Quant aux Ford
Zodiac, les Ford Capri, les coupés Volvo, les
Isar, les Maserati, je n'en sais rien!»“
(„Wenn man Pietro Frua
fragt, wie viele Autos fahren, deren Formen er gezeichnet hat, gibt er zu, nie
daran gedacht zu haben. «Vielleicht 100.000 Florides. Was den Ford
Zodiac, den Ford Capri, die Volvo Coupés, den Isar und die Maserati angeht, weiß
ich es nicht!»“)
Mit dem 2600 V8 strebte die niederbayerische Firma GLAS 1965 den Aufstieg in die Klasse der großen Luxuscoupés an, um als kleiner Automobilhersteller höhere Gewinnmargen zu erzielen. Mit dem kostengünstig im Baukastensystem entwickelten Achtzylindermotor wurden die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen. Für internationales Flair sorgte die vom italienischen Designer Pietro Frua geschaffene Karosserie, die dem Wagen schnell zu seinem Spitznamen „Glaserati“ verhalf. Der angekündigte Preis von 18.000 DM war ein sensationell günstiges Angebot, das sich allerdings als unrealistisch herausstellte.
Leider zeigte das bei Produktionsbeginn unausgereifte Coupé Mängel wie die zu geringe Durchzugskraft des V8 und die zu straffe Federung. Auch die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h wurde nicht erreicht. Die beginnende Wirtschaftskrise sorgte zusätzlich dafür, dass die Nachfrage nach dem hübschen Achtzylinder ausblieb. Auch wurde GLAS das Image eines Kleinwagenherstellers nie ganz los.
So kam es, dass GLAS im Jahr 1966 nur wenige V8 ausliefern konnte und aufgrund der auch für die anderen neuen Modelle getätigten hohen Entwicklungskosten in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Ab Mitte 1966 geführte Verhandlungen ergaben, dass die Firma GLAS am 1. Januar 1967 von BMW übernommen wurde.
Obwohl der Motor auf 3 Liter Hubraum aufgebohrt und das Fahrwerk überarbeitet wurde, konnte das nun als BMW GLAS 3000 V8 bezeichnete Coupé selbst mit einer verbesserten Innenausstattung keinen größeren Kundenkreis erreichen, so dass bereits im Mai 1968 die Produktion eingestellt wurde.
Uwe Gusen und Stefan Dierkes beschreiben nach aufwändigen Recherchen die spannende Geschichte eines der zu seiner Zeit wenigen Achtzylinder aus deutscher Fertigung, basierend auf Originaldokumenten, Interviews mit Zeitzeugen und illustriert mit über 400, meist bisher unveröffentlichten Fotos.
288 S., über 400 Abb.
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Automobilclub zum Preis von 39,90 € (zzgl. Versand)
29.5.2022 Rudi Seidel – www.auto-und-modell.de
13.6.2022 Bruno von Rotz – www.zwischengas.com
16.7.2022 Bruno von Rotz – SwissClassics, Heft 92-4 (8–9/2022): S. 56
8/2022 Wolfgang M. Buchta – Austro Classic, Heft 4/2022: S. 95, www.austroclassic.net
„Auf prächtigen und gut illustrierten 288 Seiten liefern die Autoren die wohl ultimative Biographie des Glas V8 in allen Aspekten“ (Bewertung 4 von 4)
13.8.2022 Thomas Imhof – Octane (9/2022): S. 163
22.11.2022 Alexander F. Storz – Carmini (12/2022): S. 56
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